Barrierefreiheit und Orientierungssicherheit gehören zusammen
Wer sich heute als Architekt oder Planer mit „öffentlichen Gebäuden“ beschäftigt, für den ist das Thema „Barrierefreiheit“ ein ständiger Begleiter. Nicht nur, dass es hier zahlreiche gesetzliche Vorgaben gibt, auch die gesellschaftlichen Ansprüche, sowie die demographische Entwicklung machen es erforderlich, dass dieser Bereich sowohl bei der Umfeldentwicklung, wie auch bei der baulichen und räumlichen Gestaltung berücksichtigt wird.
Wenn über Barrierefreiheit gesprochen wird, dann hat „man“ immer den motorisch eingeschränkten Menschen vor Augen. Also, den Rollstuhlfahrer bzw. den Rollatorschieber. Bedauerlicherweise bleiben dabei die sensorisch eingeschränkten Menschen, also die Hör- und Sehgeschädigten, mehr oder weniger unberücksichtigt. Leider gibt es über die einzelnen Gruppen kein genaues Zahlenmaterial. Von daher kann man sich nur mühsam der Informationen entsprechender Verbände bedienen. Demnach gibt es in Deutschland derzeit circa 1,6 Millionen Rollstuhlfahrer (ohne MS, Schlaganfall und Glasknochen), also etwa 2 Millionen. Die Anzahl der Rollatorschieber ist unbekannt. Dagegen liegt die Anzahl der sensorisch eingeschränkten Menschen bei circa 18 bis 20 Millionen. Das heißt, jeder zweite Mensch über 65 Jahre ist entweder hör- und / oder sehgeschädigt. Diese Anzahl ist demnach wesentlich größer, bleibt aber bei der baulichen Planung mehr oder weniger unberücksichtigt. Menschen mit einer Sinneseinschränkung benötigen keine Barrierefreiheit, sie brauchen eine Orientierungssicherheit.
Damit allen Anforderungen der Barrierfreiheit – im Sinne der Inklusion – Rechnung getragen wird, dafür gibt es heute zahlreiche Vorschriften und Verordnungen, die einer entsprechenden Planung und Gestaltung zu Grunde liegen. Architekten und Planer stehen aber vor einer besonderen Herausforderung, wenn es um das Thema Orientierungssicherheit geht. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Architekten benötigen für ihre Arbeit gesunde und gute bis sehr gute Augen. Ansonsten können sie ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Im Umkehrschluss können sie selber nur ganz schwer nachvollziehen, worauf es bei der Umfeldgestaltung, aber auch bei der baulichen und räumlichen Planung ankommt.
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Sie müssten sich demnach jemanden bedienen, der mit eingeschränkter Sehfähigkeit die Planung begleitet. Hier kommt es im Wesentlichen auf farbliche Gestaltung, klare Beschriftungen, Hindernisse, unterschiedliche und fühlbare Untergründe, Beleuchtung, wiederkehrende Orientierungsmerkmale, demnach auf optische und akustische Signal an.
Das, was vermeintlich optisch sehr schön aussieht und architektonisch besonders eindrucksvoll ist, führt bei betroffenen zu einem Spießroutenlauf. Denkt man nur alleine an die wunderschönen Glasarbeiten und an die Bepflanzungen in einem öffentlichen Gebäude, wie einem Krankenhaus oder einer Senioreneinrichtung, modernen Bürogebäuden oder Einkaufszentren, so wird man damit dem Zeitgeist sicher gerecht, Der Orientierungssicherheit von sensorisch eingeschränkten Menschen sicher nicht.
Auf Grund meiner eigenen, hochgradigen Sehbehinderung, meiner langjährigen Erfahrung unterstütze ich Krankenhäuser, Senioren- und Reha-Einrichtungen, sowie Wohnungsbaugesellschaften, Verkehrsbetrieb und den Tourismus bei der Planung und Gestaltung speziell für diese Zielgruppe.
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Das wichtigste Handwerkszeug eines Architekten und Fachplaners ist das menschliche Auge. Es ist das am besten trainierte Sinnesorgan eines Architekten und Planes. So wichtig es auch im Regelfall sein mag, im Bereich der Orientierungssicherheit für Menschen mit sensorischen Störungen (Hör- und Sehbehinderung / Blind- und Gehörlosigkeit) kann es aber durchaus hinderlich sein.
So lange „nur“ barrierefrei geplant und ausgeführt werden soll, ist die Sachlage relativ klar. Jeder kann sich vorstellen, wie bodengleiche Duschen aussehen sollten, Fahrrampen in ein Gebäude integriert werden, Türen breiten sein und Fenstergriffe tiefer angelegt werden müssen. Hier gibt es nicht nur klare Normen und Regeln, die notwendigen Ausstattungen für Menschen mit motorischen Handikaps lassen sich auch praktisch sehr gut nachvollziehen.
Soll aber in einem Gebäude bzw. in dem Gebäudeumfeld auch auf sensorisch eingeschränkte Menschen Rücksicht genommen, demnach orientierungssicher geplant und gebaut werden, dann ist die Situation eine ganz andere und für den Architekten und Planer eher schwierig sich in die Welt eines Blinden bzw. Gehörlosen hineinzuversetzen.
Die Frage, die sich stellt, lautet: wie nimmt ein sensorisch eingeschränkter Mensch seine Umwelt und insbesondere die architektonische Umwelt wahr? Wie reagiert er auf Formen, Materialien und räumliche Abläufe?
Literatur über dieses Thema ist nur spärlich vorhanden. Der Architekt und Fachplaner ist auf die Erfahrungen von Leuten angewiesen, die mit Sehbehinderten und Blinden, Hörgeschädigten und Gehörlosen zu tun haben oder besser noch, selber betroffen sind.
Beispiel; ein Blinder erfasst Dinge und ihre Zusammenhänge anders als ein Sehender. Er geht induktiv vor: vom Detail tastet er sich vor bis er die Gesamtheit einer Sache erfasst hat. Der Sehende geht genau umgekehrt vor. Er nimmt die Gesamtheit wahr und geht von dort aus mehr und mehr ins Detail. Für den Architekten und Fachplander bedeutet das, dass er über eine innere Ordnung zur Gesamtheit der Anlage gelanget und nicht z. B. eine schöne Hülle plant, in die er nachträglich die Funktionen einfüllt.
Hier steht Aktion Inklusion mit unseren Erfahrungen – besser noch, mit der eigenen Betroffenheit – Architekten und Fachplanern zur Seite.
Wir arbeiten eng mit dem Architekten und Fachplaner zusammen und lassen unsere Erfahrungen sowie das spezielle Fachwissen in die Gebäude- und Umfeldplanung mit einfließen und betreuen das Projekt auf Wunsch bis zur Fertigstellung. Typische Bereiche sind:
Außenanlage: Gehwege, Zufahrten und Grünanlagen.
Hauseingänge: Türen, Klingeltableau, Beleuchtung, Farben, Markierungen.
Flure: Markierungen, Beleuchtungen und Farben.
Wohnraum: Zimmer und Wohneinheiten: Bad- und Küchenausstattung.
Hier stehen NICHT bauliche und räumliche Besonderheiten bzw. aufwendige Investitionen im Vordergrund, sondern es geht um optische und akustische Signale.