Es ist ganz natürlich, wenn Menschen mit zunehmendem Alter eine Brille benötigen. Auch Schwerhörigkeit wird üblicherweise mit „dem Alter“ erklärt und ist nicht ungewöhnlich.

Die Einschränkungen, die damit einhergehen, können jedoch eklatant sein: Betroffene reagieren oft mit Unsicherheit und dem Verlust von Selbstvertrauen. Oft ziehen sich die Menschen zunehmend aus dem gesellschaftlichen Leben zurück.

Der Rückzug, der mit zunehmender Gebrechlichkeit und auch mit dem Verlust von sozialen Bindungen (etwa Tod des Partners) ohnehin häufig erfolgt, wird durch Seh- und Hörbehinderung verstärkt.

Eine neue Umgebung wie eine Senioreneinrichtung trägt zudem zur Verunsicherung bei.

Leider gibt es kein genaues Zahlenmaterial über diese Gruppe.

Fakt ist, dass jeder zweite Mensch über 65 Jahre entweder schlecht hören und/oder schlecht hören kann mit der Besonderheit, dass diese Einschränkungen von Dritten äußerlich nicht erkennbar ist.

Tatsächlich ist die Zahl der sensorisch eingeschränkten Menschen wesentlich größer als die der motorisch Eingeschränkten.
Die meisten Senioreneinrichtungen sind weder räumlich noch baulich auf diese Menschen ausgerichtet, außerdem ist das Personal oft nicht geschult und sensibilisiert.

Jedoch ist auch für seh- und hörbehinderte Bewohner die Eigenständigkeit ein wichtiges Gut:

Sie möchten sich selbstständig bewegen können, möchten sich informieren können, möchten sich orientieren können, möchten in ihrer Würde wahrgenommen werden.

Menschen mit sensorischen Einschränkungen benötigen keine Barrierefreiheit, sie benötigen Orientierungssicherheit.

Dies ist keine Maßnahme einer einzelnen Einrichtung, sondern eine menschliche Selbstverständlichkeit.

Diese Ausgangsvoraussetzung war Anlass für die Dortmunder SENATOR Senioren- und Pflegeeinrichtungen GmbH, im Winter 2013/2014 mit der Seniorenresidenz Am Kurpark ein Projekt zu starten:

Einen Wohnbereich speziell für seh- und hörgeschädigte Menschen.

Als externer Partner wurde Axel Dickschat hinzugezogen: Er ist selbst betroffen, kennt die Klientel und als Unternehmensberater tätig. Axel Dickschat hat sich auf das Projektmanagement für Alten- und Pflegeeinrichtungen spezialisiert, speziell für die Klientel der Blinden und Sehbehinderten.

Mit seiner Hilfe wurde zunächst analysiert, was Seh- und Hörbehinderte benötigen, um in der Einrichtung so selbstständig wie möglich leben zu können.
Die herausgearbeiteten Punkte betreffen die Ausstattung (Lichthelligkeit, akustische und optische Signale, Piktogramme, Hindernisse etc.), die spezielle Ansprache, die Kommunikation durch das Personal der Einrichtung sowie die Zusammenarbeit mit Ärzten, Optiker und Akustiker und Verbänden.

Dabei waren keine großen Investition nötig und keine besonderen Umbaumaßnahmen,
die Ausstattung anzupassen.

Vielfach sind kleine Maßnahmen schon zielführend: etwa ein kleiner, erhabener
Ring am Ende eines Handlaufes.

Ausstattung

  • Optische Klingelanlage für Hörbehinderte (z.B. um das Anklopfen an die Zimmertür „sichtbar zu machen“ und/oder als Signal für das Telefon)
  • Tastbare Signale zur Kenntlichmachung von Hindernissen
  • Große optische Kennzeichnung von Glasflächen
  • Große optische Kennzeichnung von Stufen (z.B. Kellerstufen)
  • Tastbare Kennzeichnung im Fahrstuhl
  • Akustische Signale im Fahrstuhl (Etagen werden angesagt)
  • Aushänge in extra großer Schrift
  • Optional induktive Ringschleife oder FM-Anlage bei Vorträgen, Kinoveranstaltungen etc.
  • Gute Beleuchtung
  • Farbliche Kontraste der Armaturen im Bad
  • Tastbare Kennzeichnung der Zimmertüren
  • Mitarbeiter Schulung durch die Vorsitzende für Schwerhörige
  • Schulung durch Axel Dickschat (Sehbehinderte und Hörgeschädigte)

Marketingmaßnahmen

  • Woche des Sehens mit folgenden öffentlichen Veranstaltungen:
  • Vorträge von Augenärzten und Optikern
  • Vorträge von HNO-Ärzten
  • Vortrag der Vorsitzenden der Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte
  • IPad-Schulung für Senioren durch Axel Dickschat
  • Kooperation mit der Selbsthilfegruppe für Schwerhörige
  • Kooperation mit Blinden- und Sehbehindertenverein Hamm-Ahlen, beispielsweise gesonderte
  • Führungen/ Besichtigungen des WB
  • Kooperation mit örtlichen Hörgeräteakustikern bzw. Optikern
  • Tag der offenen Tür

In Hamm und Umgebung gibt es keine weitere vergleichbare Einrichtung, dies bestätigte auch der Vorstand des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamm-Ahlen. Er hob bei einem Ortstermin außerdem heraus: „Es geht nicht nur um die behindertengerechte Ausstattung, sondern um das soziale Umfeld und ein hohes Maß an Selbstständigkeit.“

Für Angehörige im Einzugsgebiet ist die Seniorenresidenz Am Kurpark nun ein nahes, adäquates Angebot.

Fazit
Zwei Ziele sollten erreicht werden:

  1. Der Einrichtung ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen und
  2. Menschen mit sensorischen Einschränkungen sollten in das reguläre Einrichtungsleben integriert werden.

Beide Ziele wurden in Gänze erreicht.